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Erkennen, Verstehen, Handeln - eine Übersicht zu Mediensucht

Einen Tag ohne Handy oder kurze Google Recherche kann sich heute kaum mehr einer von uns vorstellen. Unbestrittener Weise erleichtern uns Smartphones, Computer und sonstige Medien das Leben enorm und sind wertvolle Hilfsmittel für den Alltag. Dennoch haben sie auch ihre Schattenseiten. Oft verbringen Leute viel mehr Zeit am Handy, als sie eigentlich wollen. Im Grunde ist das auch nichts Schlimmes. Aber bei einigen Personen hat das Internet überhandgenommen.

Erkennen, Verstehen, Handeln - eine Übersicht zu Mediensucht

Einen Tag ohne Handy oder kurze Google Recherche kann sich heute kaum mehr einer von uns vorstellen. Unbestrittener Weise erleichtern uns Smartphones, Computer und sonstige Medien das Leben enorm und sind wertvolle Hilfsmittel für den Alltag.

Dennoch haben sie auch ihre Schattenseiten. Oft verbringen Leute viel mehr Zeit am Handy, als sie eigentlich wollen. Im Grunde ist das auch nichts Schlimmes. Aber bei einigen Personen hat das Internet überhandgenommen.


Was ist Mediensucht?

Als Mediensucht (oft auch als Handysucht, Internetsucht oder Internetabhängigkeit bezeichnet) beschreibt man einen Zustand, indem eine Person fast immer online ist, es extrem schwer findet, das Handy oder den Computer wegzulegen und ständig ans Surfen oder Chatten denkt, selbst wenn sie gerade nicht online ist. 


Oftmals nimmt das Onlineverhalten einen so großen Teil des Lebens ein, dass andere Alltagsaktivitäten und Kontakte zu anderen Menschen vernachlässigt werden – selbst wenn die mediensüchtige Person weiß, dass dies negative Konsequenzen mit sich tragen wird. Auch die körperliche oder psychische Gesundheit leiden meist darunter.


Mediensucht ist ein wachsendes Problem in unserer hypervernetzten Welt. Deswegen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Internetabhängigkeit seit 2018 als eigene psychologische Krankheit anerkannt.


Handysucht, Gaming-Sucht, Social-Media-Sucht – was fällt alles unter Mediensucht?

Dabei gibt es nicht nur eine Art von Online-Verhaltenssucht. Unter den Begriff von Mediensucht fallen verschiedene Formen von Abhängigkeiten.

  • Computerspielsucht. Dies ist die meist verbreitetste Form der Abhängigkeit. Bei riskantem Gaming zockt man so viel, dass man keine Kontrolle mehr darüber hat, wie lange und oft man spielt. Zocken steht immer an erster Stelle, egal ob andere Aufgaben, Hobbies oder Menschen vernachlässigt werden. Jungs/Männer sind eher davon betroffen als Mädchen/Frauen.

  • Social-Media-Sucht. Übermäßiges und zwanghaftes Nutzen von sozialen Medien, oft auf Kosten anderer Aktivitäten und sozialer Interaktionen im realen Leben. Vor allem Jugendliche, sowohl Mädchen wie Jungs, sind hiervon.

  • Streaming Sucht. Hierbei geht es um das exzessive Angucken von Serien, Filmen, Dokus, Shows oder Clips auf Streaming-Diensten. Eine besonders hohe Prävalenz von Streamingsüchtigen guckt im Internet viel Pornographie. Dies wird auch als Internet-Pornographie-Sucht beschrieben.

  • Online-shopping-Sucht. Bei dieser Form von Onlineverhalten kaufen Betroffene extrem viel online. Es geht ihnen dabei nicht darum was sie kaufen, sondern einfach nur den Dopaminrush zu verspüren, nachdem sie etwas gekauft haben.

Jede dieser Formen hat ihre eigene Wichtigkeit und Problematik. Trotzdem wird sich dieser Blog im Folgenden primär auf Computerspiel- und Social-Media-Sucht fokussieren – denn da liegt coobis Expertise!


Prävalenz von Mediensucht

Deutschlandweit und über alle Altersgruppen hinweg, sind 1-10% der Bevölkerung von Mediensucht betroffen. Genaue Zahlen zu den verschiedenen Süchten gibt es nicht. Der UKE Hamburg nach, fallen in Deutschland fast 500.000 Kinder und Jugendliche in die Kategorie von riskantem bis zu süchtigem Gaming Verhalten, und mehr als 550.000 Kinder und Jugendliche im Bereich Social-Media-Sucht.


Handysucht, Computerspielsucht - Wann ist es zu viel?

Wie viele anderen Arten der Verhaltenssucht, entwickelt sich auch die Mediensucht über einen längeren Zeitraum. Anfangs zockt man hier und da mal, vielleicht mit Freunden oder wenn einem langweilig ist. Und dann wird man immer besser oder hat immer öfters Lust, ans Handy oder den PC zu gehen. Und bevor man es merkt, verbringt man mehrere Stunden am Tag mit gaming, Streaming oder auf Sozialen Medien.


An manchen Tagen ist man so im Flow, dass man mal eine Verabredung mit Freunden absagt, keine Hausaufgaben macht oder sich beim Job krankmeldet. Anfangs ist das nicht schlimm. Aber über die Zeit wird es immer öfters und mit größeren Konsequenzen. Zum Beispiel werden die Noten in der Schule schlecht, man ist Versetzungsgefährdet. Oder man hat viele Fehltage im Job und es droht eine Kündigung. Trotz des Wissens um die negativen Konsequenzen, kann die Person es nicht sein lassen.


Mittlerweile kreisen die Gedanken permanent um zocken oder Soziale Medien – selbst wenn man gerade nicht online ist. Man fühlt sich dann schnell gereizt, wenn man nicht weiterspielen kann. Man wird zappelig, kann gar nicht warten wieder zum Handy zu greifen. Um sich entspannt zu fühlen muss man immer öfters und immer länger am Stück online sein.

Wenn sich dieser Zustand sich über einen Zeitraum von über 12 Monaten hält, kann man mit sehr großer Wahrscheinlichkeit von einer Sucht reden.


Symptome einer Mediensucht

Zusammengefasst, sind also die typischen Symptome einer Mediensucht:

  • Zeit: Man verbringt mehr Zeit online also beabsichtigt. Insgesamt ist man immer länger und öfter online.

  • Kontrollverlust: Trotz des Wunsches weniger Zeit online zu verbringen, schafft man es nicht.

  • Gedanken: Die Gedanken kreisen stets ums Zocken/ Sozialen Medien, selbst wenn man offline ist.

  • Vernachlässigung anderer Aktivitäten: Hobbies, Freunde oder Verpflichtungen werden zugunsten von Medienzeit vernachlässigt. Betroffene sind sich der negativen Konsequenzen bewusst, können aber trotzdem nicht mit ihrem Konsum aufhören.

  • Verleugnung: Gegenüber anderen spielt man die Bildschirmzeit herunter oder verleugnet wie viele Stunden man online war.

  • Körperliches und geistiges Wohlbefinden: Oft wird auch die Gesundheit vernachlässigst.

Mediensucht kann auch mit anderen Psychologischen Krankheiten auftreten, vor allem mit ADHS, Angststörungen oder Depressionen.


Ich bin Mediensüchtig – und jetzt?

Wenn du weißt, oder glaubst, dass du Internetabhängig bist, dann gibt es verschiedene Angebote, die dir helfen können aus deinem unendlichen Zock-Scroll-Marathon auszubrechen.


Warum ist das wichtig? Das ständige Eintauchen in die digitale Welt kann dazu führen, dass wir den Bezug zur Realität verlieren. Dies kann unsere Beziehungen, unsere Arbeit und unsere psychische Gesundheit beeinträchtigen. Deswegen raten wir dir dazu, dir möglichst früh Hilfe zu suchen!

  • Selbsthilfegruppen: Hier triffst du auf Leute, die genau wissen, wie du dich fühlst. Ziel ist es gemeinsam zu lernen, weniger Zeit online zu verbringen und sich gegenseitig dabei zu unterstützen. Du kannst dich auszutauschen, Tipps sammeln und wie andere ihre Herausforderungen meistern. Es ist unglaublich motivierend zu sehen, dass man nicht alleine ist.

  • Psychotherapie: Im Falle einer richtigen Sucht, raten wir immer dazu professionelle Hilfe aufzusuchen. Ein/e Therapeut:in kann dir helfen, den Ursachen deiner Internetsucht auf den Grund zu gehen und Strategien zu entwickeln, um dein Verhalten zu ändern.
    Die meistverbreitete Form der Therapiebehandlung für Verhaltenssüchte ist die kognitive Verhaltenstherapie. Bei dieser lernst du zum einen dein Verhalten zu ändern, zum anderen zu erkennen, welche Gedankenspiralen dich sabotieren und wie du dich von ihnen frei machen kannst.
    Neben der kognitiven Verhaltenstherapie gibt es auch noch drei andere Formen der Psychotherapie: Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, Psychoanalyse und systemische Therapie. Welche dieser Therapieformen am besten zu einem passt, hängt ganz von jedem Individuum ab.
    Wenn das Leben auf dem Kopf steht und die Therapiestunden alleine nicht reichen, kann man sich auch stationär oder ambulant behandeln lassen. Stationär heißt, dass man jeden Tag zu einer psychologischen Klinik geht, aber abends und am Wochenende zu Hause ist. Ambulante Therapie bedeutet, dass man für einen bestimmten Zeitraum (meist 6-12 Wochen am Stück) in einer Klinik Entzug macht und in der Klinik für die Zeit richtig wohnt.

  • Gruppentherapie: Ähnlich wie bei den Selbsthilfegruppen, ist hier die Idee, dass du dich gemeinsam mit anderen, die dasselbe durchmachen, austauschst, Ziele setzt und gemeinsam die Erfolge feierst. Geleitet wird die Therapiestunde dabei von einem Psychotherapeut:innen. Gruppentherapien sind oft Teil der stationären und ambulanten Stationen.

  • Angehörige Therapie: Deine Familie und Freunde:innen können zu deinem Support-Team werden! In dieser Therapie lernen sie, wie sie dich unterstützen können, ohne dich zu überfordern. Sie erfahren mehr über Internetsucht und wie sie dir helfen können, deinen Weg zurück ins echte Leben zu finden.

  • Motivational Interviewing: Dies ist wie ein Kick-Start für deine Motivation. Du sprichst über deine Ziele, über das, was du erreichen willst, und wie du dorthin kommst. Ein Profi hilft dir dabei, deinen inneren Antrieb zu finden und deinen Plan in die Tat umzusetzen.

  • Coobi: In Zukunft werden auch wir zu deiner Seite stehen! coobi wird deine Unterstützung im Alltag. Durch diverse Messungen und kurze Interventionen wirst du lernen und verstehen können, wie du dein Verhalten im Medienkonsum erfolgreich ändern kannst.

Ziel dieser verschiedenen Methoden ist es, einen gesunden und ausgewogenen Umgang mit Medien zu erlernen. Es geht also nicht darum, nie wieder an dein Handy oder Laptop zu gehen. Das wäre nicht gemäß unserem Zeitalter. Sondern es geht darum, eine gesunde Balance aus online Zeit und dem offline Leben zu finden.


Mein Kind/Partner:in ist Computerspielsüchtig/ Handysüchtig – was kann ich als Angehörige/r tun?

Das Wichtigste vorweg: Nur der/die Betroffene kann sein/ihr Verhalten ändern. Das muss aus eigener Motivation und Veränderungsbereitschaft kommen. Du kannst sie also nicht dazu zwingen. Was du, als Angehörige/r aber machen kannst, ist der/dem Betroffenen zu verstehen helfen, welche (langfristigen) Nachteile dessen Verhalten haben können. Außerdem kannst du die Person, wenn sie bereit ist ihr Verhalten zu ändern, dabei voll und ganz unterstützen. Die folgenden Schritte verraten dir, wie du dies tun kannst.

  • Vertrauen aufbauen. Biete dich der betroffenen Person als Vertrauensperson an. Falls es in der Konstellation nicht funktioniert (z.B. fällt es Kindern manchmal schwer, sich ihren Eltern anzuvertrauen), unterstütze die Person dabei, eine andere Vertrauensperson ausfindig zu machen (z.B. ein Geschwisterkind oder Familienfreunde).

  • Nimm dir die Zeit. Um Vertrauen aufzubauen und für den/die Betroffene wirklich da zu sein, muss man sich die Zeit nehmen. Höre zu und verstehe, wie es der Person geht und wo sie vielleicht Hilfe braucht.

  • Vereinbart gemeinsam Ziele. Falls der/die Betroffene motiviert ist das Verhalten zu ändern, könnt ihr gemeinsam Ziele erarbeiten. Die Ziele sollten dabei realistisch, planbar und genau definiert sein. Du kannst auch anbieten, regelmäßig zu überprüfen, ob die Ziele eingehalten und erreicht wurden. Zum Bespiel könntet ihr gemeinsam Medienfreie Zeiten festlegen. Das heißt, gewisse Uhrzeiten am Tag, an den die Person bewusst auf das Handy oder den PC verzichtet.

  • Stärke die Motivation. Durch Lob und Anregungen kannst du der/dem Angehörigen helfen motiviert die Ziele zu verfolgen.

  • Hilf mit Ablenkung. Wusstest du, dass für viele Leute Medienkonsum ein Fluchtort von Stress oder unangenehmen Situationen ist? Also unternehmt doch zusammen eine Aktivität, die keine digitalen Geräte beinhalten. Zum Beispiel könntet ihr gemeinsam eine Runde Sport machen, in einen Park gehen, Eis essen gehen, Freunde treffen oder einen Bastelabend organisieren.

Süchtig? – Das sind doch nur andere!

Zuletzt noch eine Anmerkung. Sucht ist ein großes Wort. Wir verstehen, dass es gruselig sein kann, so ein Wort mit sich selbst (oder Angehörigen) in Verbindung zu bringen. Deswegen erfordert es viel Mut und Ehrlichkeit mit sich selbst (oder anderen), sich einzugestehen, dass man ein Problem hat.

Lass dich nicht abschrecken. Denk immer dran – du bist nicht allein! Es gibt viel Hilfe da Draußen und es ist wichtig, dass du dir helfen lässt. Sich eines Problems bewusst zu sein, ist der erste wichtige Schritt in die richtige Richtung! 🚀

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